Montag, 23. April 2018

S18 Corita Kent

Amerikanische Popart Künstlerin, katholische Ordensschwester (Sister Corita), Lehrtätigkeit, 1964–1968 Leitung des Immaculate Heart College Art Departments, Kents vermehrte künstlerische Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Ereignissen wie dem Vietnam Krieg und der damit verbundenen humanitären Krise (“We can create life without war”-Billboards) führte zu einem Konflikt mit der Ordensleitung, was dazu führte, dass Kent 1968 das College verlies und von da an als freie bildende Künstlerin unter dem Namen Corita Kent in Boston tätig war.

   Die folgende Liste an Regeln war Teil eines von Kents Projekten für eine Lehrveranstaltung 1967–1968. Mit dieser Aufstellung bezieht sich Kent einerseits u. a. auf Bertrand Russells "Zehn Gebote eines Liberalen" (aus "The best answer to fanaticism: Liberalism", in The New York Times Magazine, 16. Dezember 1951), auf Rainer Maria Rilkes Interesse für den "erzogenen", "wissenden" Zweifel und das Zulassen von Intuition als stabilisierende Kräfte (aus Briefe an einen jungen Dichter, 1903–1908), auf Pyotr Ilyich Tchaikovskys Überlegungen zu Arbeitsmoral und Inspiration (Brief an Nadezhda von Meck, März 1878), und Henri Bergsons Ideen zur überlegenen Rolle der Intuition gegenüber dem rationalen Denken (Creative Evolution, 1911), sowie auf den elterlichen Rat in einem Brief an den 16-jährigen Jackson Pollock: “The secret of success is … to be fully awake to everything about you” (American Letters 1927–1947: Jackson Pollock & Family). Andererseits beruhen die Regel aus ihren persönlichen Erfahrung in der Produktions- und Lehrtätigkeit.
   Sie hatte damals die Liste handschriftlich auf ein Blatt Papier gesetzt, siebgedruckt und an die Studierenden verteilt. Der Künstler und Komponist John Cage bezog sich später immer wieder öffentlich auf diese Zusammenstellung an Regeln und eine Kopie davon gelangte an den Choreographen Merce Cunningham, der sie in seinem Tanzstudio aufbewahrte. Von Cunningham letztendlich stammt die Reproduktion von diesem Dokuments, das 1986 in Stewart Brands Essential Whole Earth Catalog veröffentlicht wurde.

Immaculate Heart College Art Department Rules

  • Rule 1: Find a place you trust and then try trusting it for a while.
  • Rule 2: General duties of a student: Pull everything out of your teacher. Pull everything out of your fellow students.
  • Rule 3: General duties of a teacher: Pull everything out of your students.
  • Rule 4: Consider everything an experiment.
  • Rule 5: Be self-disciplined. This means finding someone wise or smart and choosing to follow them. To be disciplined is to follow in a good way. To be self-disciplined is to follow in a better way.
  • Rule 6: Nothing is a mistake. There’s no win and no fail. There’s only make.
  • Rule 7: The only rule is work. If you work it will lead to something. It’s the people who do all of the work all of the time who eventually catch on to things.
  • Rule 8: Don’t try to create and analyse at the same time. They’re different processes.
  • Rule 9: Be happy whenever you can manage it. Enjoy yourself. It’s lighter than you think.
  • Rule 10: “We’re breaking all the rules. Even our own rules. And how do we do that? By leaving plenty of room for X quantities.” John Cage
  • Helpfull Hints: Always be around. Come or go to everything. Always go to classes. Read anything you can get your hands on. Look at movies carefully, often. Save everything – it might come in handy later.

– ähnlich wie Andy Warhol, verwendet sie ab 1962 popkulturelle Motive als Ausgangsmaterial
– appropriiert den Stil der zeitgenössischen Werbegrafik
– Siebdrucke von klassischen amerikanischen Konsumprodukten in Kombination mit spirituellen Texten
– stellt hochkulturelle Motive Alltagsgegenständen gegenüber
– mischt Textsorten wie Einkaufstaschenbeschriftungen, Werbeslogans, Zeitungsartikel, Liedtexte und Zitate aus Gertrude Stein, Albert Camus, Winnie the Pooh, Kierkegaard und vor allem E. E. Cummings
– verwendet vorwiegend fette, farblich gesättigte Schriften
– zerreisst und zerknittert Drucke, die sie dann abfotografiert und neu druckt
– spiegelt und stellt Sujets auf den Kopf
– unregelmäßige Motive und frei gesetzte Kompositionen werden präzise umgesetzt
– die Arbeiten beinhalten immer eine Botschaft, meist eine politische